Tierärzte verschreiben in 40% ihrer Praxen Antibiotika

Veröffentlicht am : 02. September 2020
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Das ist erstaunlich viel, spricht doch vieles dafür, Antibiotika sparsam einzusetzen, um die Manifestation multiresistenter Keime nicht zu fördern. Die Diskussion über die Gabe von zu viel Antibiotika ist aus einer Reihe von Ländern bekannt. Den Stand in Großbritannien beschreibt der nachfolgende Artikel im „Diario de la salud animal“ vom 2. September 2020 recht anschaulich.

„Die korrekte Verabreichung von antimikrobiellen Mitteln ist ein Eckpfeiler bei den Bemühungen, die Resistenz gegen diese Medikamente zu verringern. Tatsächlich berücksichtigt in Spanien der Nationale Plan gegen Antibiotikaresistenz (PRAN) dieses Problem bereits und befürwortet auch die Reduzierung von Antibiotika in der Veterinärmedizin im Heimtierbereich.

Um herauszufinden, ob in diesem Sektor ein übermässiger Einsatz von Antibiotika vorliegt, hat eine Gruppe von Tierärzten der Universitäten von Liverpool und Bristol sowie der Animal and Plant Health Agency des Vereinigten Königreichs eine ehrgeizige multizentrische Studie in mehr als 173 britischen Veterinärzentren durchgeführt, in der sie die Häufigkeit und die Gründe für die Verschreibung dieser Medikamente bei Haustieren im Land analysiert haben.

Die in der Zeitschrift Emerging Infectious Diseases veröffentlichte Studie untersucht elektronische Krankenakten von kranken Haustieren, insbesondere von 155.732 Hunden (von insgesamt 281.543 Besuchen) und 69.236 Katzen (von insgesamt 111.139 Besuchen).

Auf der Grundlage der Daten wurden für Hunde in 14,2% der Konsultationen topische antimikrobielle Mittel und in 25,7% der Konsultationen systemische antimikrobielle Mittel (oral oder parenteral) verschrieben, von denen 1,4% als kritisch eingestuft wurden, um sie dem Menschen vorzubehalten und als letztes Mittel einzusetzen.

Bei Katzen wurden in 6,1 % der Konsultationen topische antimikrobielle Mittel und in 32,9 % systemische antimikrobielle Mittel verschrieben, von denen 17,3 % als kritisch eingestuft wurden. Die am häufigsten verschriebene Klasse waren Cephalosporine der dritten Generation (16,4%), gefolgt von Fluorchinolonen (0,7%) und Makroliden (0,03%).

Für die Forscher zeigen die Ergebnisse, dass in den Tierkliniken Großbritanniens häufig antimikrobielle Medikamente verschrieben werden, auch kritische (vor allem bei Katzen).

Um herauszufinden, warum, ergänzten sie die erhaltenen medizinischen Aufzeichnungen mit externen Datenquellen, um die wichtigsten Risikofaktoren zu identifizieren. Sie stellten fest, dass die Chancen, systemische und kritische antimikrobielle Medikamente zu verschreiben, bei geimpften Hunden und Katzen deutlich geringer waren, was für die Forscher bedeutet, dass Präventivmedizin ein guter Weg ist, den Antibiotikaeinsatz zu reduzieren.

Eine Versicherung zu haben, war andererseits auch mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit verbunden, systemische und topische antimikrobielle Medikamente zu verschreiben, was für die Autoren bedeutet, dass Tierärzte bei versicherten Tieren mit größerer Wahrscheinlichkeit eine breitere Palette von Diagnosemöglichkeiten anstelle von Antibiose suchen. Versicherte Hunde wurden jedoch auch mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit der Verschreibung von kritischen Antibiotika in Verbindung gebracht.

In Bezug auf intrinsische tierische Faktoren stieg die Wahrscheinlichkeit, systemische antimikrobielle Medikamente zu verschreiben, für jüngere Kater, wobeifür Hunde das Gegenteil zutraf.

Die Forscher glauben, dass dies auf eine geschlechts- und altersbedingte Variation des Risikos einer bakteriellen Infektion und auf Verletzungen im Zusammenhang mit Katzenkämpfen zurückzuführen ist, die ein häufiger Grund für eine Konsultation sind, insbesondere bei jungen Kater, die sich im Freien aufhalten.

Wie beim Menschen war die Verschreibung systemischer antimikrobieller Medikamente für Hunde und Katzen am häufigsten mit klinischen Atemwegserkrankungen verbunden. Dies geschieht trotz der Tatsache, dass die meisten Atemwegserkrankungen viralen oder nichtinfektiösen Ursprungs sind.

Andererseits wurde bei der Retriever-Gruppe, zu der mehrere Rassen gehören, die häufig mit dermatologischen Erkrankungen in Verbindung gebracht werden, eine erhöhte Wahrscheinlichkeit der Verschreibung von topischen antimikrobiellen Medikamenten festgestellt.

Im Vergleich zu Veterinärzentren, die nur Haustiere behandeln, war die Verschreibung systemischer antimikrobieller Medikamente bei gemischten Tierarten zudem wahrscheinlicher.

Abschließend räumen die Autoren zwar ein, dass die Faktoren, die die Entscheidungsfindung beeinflussen, nach wie vor komplex sind, ihre Ergebnisse legen jedoch nahe, dass bei der Verschreibung von Antibiotika für Atemwegserkrankungen und bei der Förderung der Präventivmedizin bei den Klienten besondere Vorsicht geboten ist, um den Antibiotikaeinsatz zu reduzieren.“

Abschließend sei gesagt: Es geht auf gar keinen Fall darum, Antibiotika zu verteufeln. Wir können froh sein, daß es diese Medikamente gibt. Sie sollten aber immer nur dann zur Anwendung kommen, wenn es keine bessere Lösung gibt.

M.M.

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