Tierhaltung und Mietrecht in Deutschland
Wichtige Informationen für Adoptanten, Tierkäufer und Pflegestellen
Die Tierhaltung in einer Mietwohnung oder einem gemieteten Einfamilienhaus ist oftmals ein Grund für teils heftige Streite zwischen Vermieter und Mieter. Dabei geht es nicht nur um Hunde und Katzen sondern um die verschiedensten Spezies von Tieren, die der Mieter in seiner Wohnung hält oder halten möchte. Schätzungen zufolge leben in deutschen Haushalten ca. 4,7 Mio Hunde und ca. 6,9 Mio Katzen. Zu vielen anderen Tieren dürfte es weniger zuverlässige Zahlen geben.
Der immer wieder aufflammende Streit zwischen den Mietvertragsparteien dreht sich in erster Linie um angebliche Beschädigungen an der Mietsache (z.B. an Türen, Parkett usw.) und um die angebliche Verletzung der Hausordnung (z.B. Lärmbelästigung, Geruch, Angst vor Tieren usw.). Nicht selten führen solche Streitigkeiten zu Abmahnungen, fristlosten oder fristgerechten Kündigungen und letztendlich zu Räumungsprozessen oder sonstigen Mietprozessen. Diesen Gefahren zumindest ein wenig vorzubeugen, denn gänzlich ausschließen kann man sie nicht, ist der Sinne dieses Beitrages.
Zunächst stellt sich die Frage, ob die Tierhaltung überhaupt vom vertragsgemäßen Gebrauch einer Mietwohnung miterfaßt wird. Sofern die Parteien keine individuelle Regelung getroffen haben und nur ein Vertrag überwiegend in Gestalt allgemeiner Geschäftsbedingungen vorliegt, ist eine Abwägung der Interessen aller Beteiligten, zu denen u.U. auch die der Mitmieter im Hause gehören, vorzunehmen. Der BGH hat bereits 2007 entschieden, daß keine pauschale Bejahung oder Verneinung der Tierhaltung in der Mietwohnung möglich ist, sondern immer der konkrete Einzelfall zu betrachten ist. Die Kriterien der Abwägung sind dabei folgende:
- Art, Größe, Verhalten und Anzahl der Tiere
- Art, Größe, Zustand und Lage der jeweiligen Wohnung
- Anzahl, persönliche Verhältnisse, Alter und berechtigte Interessen der Mitbewohner im Haus und evtl auch der Nachbarn
- Anzahl und Art anderer Tiere im Haus, bisherige Handhabung des Vermieters in Bezug auf die Tierhaltung und die Bedürfnisse der weiteren Mieter im Haus
Ist im Mietvertrag jedoch eine Tierhaltung ausdrücklich erlaubt, ist damit eine übliche Anzahl von Tieren gemeint. Eine übergroße Anzahl von Tieren, durch die die Mietwohnung beschädigt oder die Nachbarschaft gestört werden könnte, ist dennoch nicht zulässig, so z.B. das Amtsgericht Lichtenberg in einer Entscheidung aus 1996 (7 Katzen). Auch die Zucht von Tieren wird von dieser vertraglichen Tierhaltungserlaubnis nicht erfaßt. Es gibt eine Vielzahl weiterer gerichtlicher Entscheidungen zur Abgrenzung einer vertragsgemäßen zu einer vertragswidrigen Nutzung der Mietwohnung infolge von Tierhaltung. Das vertraglich vereinbarte Recht zur Tierhaltung schließt auch die Haltung solcher Tiere aus, die bei anderen Mietern im Haus Abscheu, Ekel oder Angst verursachen (z.B. Gift- und Würgeschlangen Pfeilfrösche u.ä.). Ebenso ausgeschlossen ist das Halten von Nutzieren, wie z.B. Schweinen, Rindern, Pferden usw. in der Wohnung und das Füttern von Tauben auf dem Balkon.
Das Halten von Kleintieren, von denen keine Gefahren oder Belästigungen für Mitbewohner des Hauses ausgehen (z.B. Goldhamster, Mäuse, Fische, Kleinvögel usw.) ausgehen, ist vom allgemeinen vertragsgemäßen Wohngebrauch generell erfaßt und darf vom Vermieter generell nicht verboten werden. Enthält ein Mietvertrag eine diesbezügliche Verbotsklause oder eine Klausel, die die Erlaubnis des Vermieters erfordert, so ist diese vertragliche Regelung nach der Rechtsprechung des BGH nichtig, also unwirksam.
Die Haltung von Katzen und Hunden in der Mietwohnung stellt eine Besonderheit der Tierhaltung dar, deren Zulässigkeit jeweils nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu bewerten ist. Der BGH hat zwar bereits 2007 prinzipiell die Haltung dieser Tiere als vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache gewertet, hat aber für den jeweiligen Einzelfall Öffnungsmöglichkeiten erklärt. Das hat zur Folge, daß nach wie vor immer mal solche Streitigkeiten vor Gericht landen. Bei Listenhunden sagt die überwiegende Rechtsprechung, daß die Haltung dieser Tiere nicht zum vertragsgemäßen Mietgebrauch zählt, weil von diesen Tieren abstrakte Gefahren oder Belästigungen für Mitmenschen ausgehen können. Der Vermieter kann die Haltung dieser Tiere zwar erlauben (ggf. unter Auflagen) muß es aber nicht. Einer Begründung bedarf die Ablehnung bei Listenhunden nicht. In allen anderen Fällen muß der Vermieter jedoch die konkreten Belästigungen und Gefahren darlegen und ggf. beweisen.
Die Rechtsprechung hat eine Hundehaltung in folgenden Fällen auch bei Verweigerung durch den Vermieter für prinzipiell zulässig erachtet:
- Übernahme eines alten Hundes von der kranken Mutter
- beim Vorliegen gesundheitlicher Gründe, z.B. zur psychischen Stabilisierung des Mieter,
- zur Therapie bei der Drogenentwöhnung
- wegen körperlicher Behinderung des Mieters (Blindenhund, Assistenzhund)
- als Wachhund beim Vorliegen eines triftigen Grundes (z.B. bei der Anmietung eines Einfamilienhauses)
- bei erheblichen gesundheitlichen und seelischen Belastungen des Mieters im Falle der Weggabe des Hundes (muß ärztlich nachgewiesen werden).
Das Vorstehende ist nur ein Teil an Gründen, wie sie in der Rechtsprechung anerkannt wurden.
Haben die Parteien einen individuell ausgehandelten Mietvertrag abgeschlossen (also kein Vertragsformular oder kein vom Großvermieter gestellter, immer wieder verwendeter Vertrag), ist eine Klausel, die jegliche Tierhaltung in der Wohnung verbietet, rechtswirksam. Lediglich wenn der Mieter aus gesundheitlichen Gründen, die nach Vertragsschluß eingetreten sind, auf die Haltung eines Hundes angewiesen ist (z.B. Blindenhund), muß der Vermieter gewichtige Sachgründe vorbringen, um die ausnahmsweise hier mögliche Hundehaltung zu unterbinden.
Die meisten Vermieter verwenden aber Formulare oder für viele Mietverhältnisse vorformulierte, gleichlautende Vertragsmuster, in denen oftmals die Tierhaltung generell verboten ist oder der vorherigen Genehmigung des Vermieters bedarf. Enthält eine derartige Klausel ein generelles Tierhalteverbot, also auch für Kleintiere, so ist diese Klausel als Ganzes nach der überwiegenden Rechtsprechung unwirksam und der Vermieter kann eine Tierhaltung prinzipiell nicht mehr verhindern. Allerdings steht ihm auch hier die Möglichkeit offen, im Einzelfall ganz detailliert die Hindernisse für die Tierhaltung darzulegen und zu beweisen. Eine Klausel, die die vorherige Zustimmung des Vermieters zur Tierhaltung (außer bei Kleintieren) erfordert, ist wirksam. Der Vermieter kann seine Zustimmung aber nur dann erfolgreich verweigern, wenn er zum einen gewichtige Gründe gegen die Tierhaltung vortragen kann und nicht bereits anderen Mietern die Haltung von Tieren gleicher Spezies genehmigt hat. Hat er hingegen diese Erlaubnis bereits anderen Mietern erteilt, gebietet die Regelung in Art. 3 GG eine Gleichbehandlung aller Mieter. Leider folgen in der Praxis nicht alle Gerichte dieser Rechtsauffassung.
Die Erlaubnis zur Tierhaltung kann der Vermieter unter Auflagen erteilen. Allerdings müssen diese Auflagen erkennbar sachgerecht sein. Ebenso kann der Vermieter eine einmal erteilte Erlaubnis widerrufen, wenn der Mieter gegen Auflagen verstößt oder die Tierhaltung aus anderen Gründen vertragswidrig wird. Das ist z.B. dann der Fall, wenn der Mieter die Erlaubnis hat, einen Hund zu halten sich aber z.B. 5 Hunde anschafft.
Erteilt der Vermieter die begehrte Erlaubnis nicht oder lehnt er die Tierhaltung ohne hinreichenden Grund ab, kann der Mieter auf Erteilung der Erlaubnis im Rahmen des mietvertraglichen Gebrauchs der Wohnung klagen. In einigen Fällen haben derartige Klagen aber keinen Erfolg, weil der Vermieter im Prozeß die seine Meinung stützenden Argumente erstmals vorbringt und das Gericht diese wohlwollend aufgreift. Dann besteht die Möglichkeit, gegen das Urteil Berufung einzulegen, wenn der Wert des Anspruchs auf Erteilung der Genehmigung die Grenze von 600,00 € übersteigt. Da es in der Vergangenheit immer wieder Streit darüber gab, ob diese Wertschwelle überschritten wird, was regelmäßig zur Abweisung der Berufungen geführt hatte, hat der BGH 2018 entschieden, daß ein solcher Rechtsstreit in der Regel einen Wert von mehr als 600,00 € hat und somit prinzipiell die Berufung für zulässig erklärt.
Hält der Mieter ohne Einholung der Erlaubnis des Vermieters und entgegen auch eines formularmäßigen Tierhalteverbots ein Tier, so ist ein Teil der Rechtsprechung und der Literatur der Ansicht, daß der Vermieter auf Unterlassung und Abschaffung des Tieres klagen kann. Eine andere Gruppe von Gerichten hat dennoch zugunsten des Mieters entschieden und den Ausgang des Verfahrens davon abhängig gemacht, ob der Mieter im Falle der Klage auf Erteilung der Erlaubnis Erfolg gehabt hätte. Hat der Vermieter jedoch die Tierhaltung über mehrere Jahre stillschweigend hingenommen, ist sein Anspruch auf Unterlassung und Abschaffung des Tieres möglicherweise verwirkt.
Wer noch mehr wissen möchte und vor allen die beispielhaft aufgeführten Urteilsquellen sucht, sei auf den Artikel von Dr. Caspers in ZAP Heft 12/2019. S. 613 ff. hingewiesen.
Vielleicht gibt es jemand unter den Lesern, der sich im spanischen Mietrecht gut auskennt und die Situation der Tierhalter im spanischen Mietrecht beschreiben kann. Einen derartigen Artikel würden wir gern hier veröffentlichen.
F.S.
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